Warum jede dritte Führungskraft in Deutschland in einer Krise steckt
Ein Drittel der Führungskräfte in Deutschland fühlt sich belastet und verunsichert. Damit verschenken Unternehmen viel Potenzial, obwohl die Bedingungen für wirksame Führung bekannt sind.
Kann Verantwortung krankmachen? Führungskräfte tragen zwar wesentlich zu der erfolgreichen Performance von Teams, Abteilungen oder ganzen Betrieben bei. Sie selbst fühlen sich aber häufig nicht ausreichend unterstützt. Dies ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke.
30 Prozent der Befragten geben eine hohe Führungsbelastung an. Jede fünfte Führungskraft glaubt, den eigenen Ansprüchen an eine Führungskraft nicht gerecht zu werden. Jede Vierte stimmt der Aussage zu, mehr zu einer Gruppe beizutragen, wenn sie von jemand anderem geführt wird, anstatt selbst zu führen. Nimmt man hinzu, dass weitere 25 Prozent bei den entsprechenden Aussagen nur teilweise zustimmen, kann man bei der Hälfte der deutschen Führungskräfte davon ausgehen, dass sie ihrer Verantwortung nicht unbeschwert nachkommt.
Dies stellt ein gravierendes Führungsproblem für Unternehmen dar: Eine hohe Belastung wirkt sich signifikant negativ auf den Erfolg von Führung aus. So gibt es beispielsweise weniger Verbesserungen in der Produktivität und eine erkennbar geringere Mitarbeiterzufriedenheit.
Führungsgift: Zieldiffusion, viel Bürokratie, Zweifel an den Mitarbeitenden
Gerade die Gruppe mit hohen Werten bei „Führungsbelastung“ beklagt diffuse Unternehmensziele, zu viel Bürokratie für die eigenen Aufgaben und nimmt Mitarbeitende in ihrem Führungsumfeld als destruktiv wahr. So stimmen diejenigen mit einer geringen Führungsbelastung deutlich häufiger zu, dass ihre Aufgaben klar sind (87,3 Prozent zu 81,9 Prozent), und deutlich weniger häufig, dass ihr Arbeitsbereich stark formalisiert ist (44,2 Prozent zu 56,3 Prozent).
Die Studie zeigt auch, dass rund 44,7 Prozent der stark belasteten Führungskräfte eine skeptische Haltung zu ihren Mitarbeitenden haben. Bei den weniger belasteten sind es lediglich 16,4 Prozent. Gelingt es den Führungskräften nicht, die Motivation ihrer Mitarbeiter zu steigern, zeigt sich ein Demotivationseffekt direkt bei den Führungskräften und es droht ein Teufelskreis der Leistungsabnahme auf beiden Seiten. Dabei ist die Haltung der Befragten durchaus ambivalent: Gegen diesen Teufelskreis spricht, dass bei den eher positiven Aussagen über die Mitarbeitenden die belasteten Führungskräfte sogar häufiger zustimmen als die weniger belasteten (57,7 Prozent zu 51,7 Prozent).
Führungskräfte brauchen Unterstützung
Wirksame Führung ist keine Selbstverständlichkeit. Sie hängt auch von günstigen Bedingungen im Unternehmen ab. In Entwicklungsgesprächen mit Führungskräften sollte daher deren Belastung thematisiert werden. Gegebenenfalls kann ihnen über die Personalabteilungen mit ebenenübergreifenden Workshops und auch Coachings Unterstützung angeboten werden. Jede Führungskraft muss, will sie dem Anspruch eines sich wandelnden Führungsanspruches gerecht werden, an sich arbeiten. Wer dauerhaft unter der Führungsverantwortung leidet, sollte sich aus der Verantwortung nehmen und andere Aufgaben wahrnehmen. Gleichzeitig wird es eine Gemeinschaftsaufgabe von Aufsichtsrat und Gesellschaftern sein, nicht nur die harten Fakten zu begutachten, sondern auch einen stärkeren Fokus auf die Bedingungen wirksamer Führung und die Evaluation der Organisationskultur zu legen. Damit geht ein klarer Auftrag einher, eine regelmäßige Überprüfung der Führungsbedingungen vorzunehmen und an einer unbürokratischen, zielorientierten und motivierenden Führungskultur kontinuierlich zu arbeiten.
Was belastet Führungskräfte in ihrem Arbeitsalltag besonders?
Prof. Dr. Guido Möllering, Direktor des RMI und Professor an der Uni Witten/Herdecke, erläutert im Video, was Deutschlands Führungskräfte in ihrem Arbeitsalltag besonders belastet und was Unternehmen und auch Führungskräfte selbst tun können, um Entlastung zu schaffen.
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