Unternehmen für die Gesellschaft in der Corona-Krise
Jetzt erst recht muss die Wirtschaft gesellschaftliche Verantwortung beweisen, fordert Guido Möllering von der Uni Witten/Herdecke
Der Staat tut viel dafür, dass die Wirtschaft Corona überstehen kann. Und die Unternehmen leisten auch viel durch ihr eigenes Krisenmanagement. Eine harte Zeit ist es dennoch. Damit bald bessere Zeiten kommen, braucht es jetzt nicht nur Staatshilfen für die Wirtschaft, sondern auch die Hilfe der Wirtschaft für den Staat!
Drei von vier Führungskräften (74,8 %) sagten im Oktober 2020, dass ihr Unternehmen in der Corona-Krise seiner gesellschaftlichen Verantwortung gerecht wird. Das zeigen die Ergebnisse des repräsentativen Führungskräfte-Radars der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung (RMI) an der Universität Witten/Herdecke.
Eine dazu nun erschienene Publikation zeichnet auch sonst ein recht positives Bild des Corona-Krisenmanagements in Unternehmen: Man hat gut reagiert, kann auf Vertrauen bauen, kommt klar mit dem Homeoffice – wenngleich die kollegiale Entkopplung über längere Zeit noch zum Problem werden könnte.
Es ist wichtig, dass die Unternehmen im letzten Jahr bei allen eigenen Sorgen nicht nur an sich selbst, sondern auch an die Allgemeinheit gedacht haben, und sie sich umgekehrt meist auch gut unterstützt fühlten.
Auf diesen Geist der Solidarität und der Verantwortung der Wirtschaft als Teil der Gesellschaft müssen wir uns unbedingt in der nun wohl schwierigsten Phase der Pandemie besinnen. Unternehmen müssen ihre Belegschaften und damit zugleich die Bevölkerung insgesamt schützen, indem sie alle Möglichkeiten ausschöpfen, Kontakte zu reduzieren, Schnelltests anzubieten und Impfwillige zu unterstützen.
Viele Unternehmen machen das schon. Halten durch, helfen mit, haben gute Ideen, denken nicht nur an sich. Noch zu viele tun aber nur das Nötigste, machen es sich einfach. Als sei die Arbeitswelt ein eigener Kosmos, obgleich sie tatsächlich ganz im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens steht. Deshalb muss Corona jetzt in den Betrieben besonders vordringlich bekämpft werden!
Das bedeutet konkret vor allem: So viel Homeoffice wie möglich! Jeder persönliche Kontakt mit Kolleg:innen, Kunden, Lieferanten etc. muss hinterfragt werden. Kann man sich nicht auch online treffen, den Termin streichen oder verschieben, ihn kürzer halten, weniger Leute dabei haben, AHA-L noch konsequenter anwenden? Masken und Tests sind derzeit kein Freibrief für vermeidbare Kontakte. Unternehmen und ihre Führungskräfte, die das verantwortungsvoll beherzigen, können Vorbilder für ihre Belegschaften und die Bevölkerung sein.
Die Ergebnisse des Führungskräfte-Radars lassen aber auch die drohenden negativen Folgen der Kontaktvermeidung erkennen. Das Zwischenmenschliche und die spontane Unterstützung kommen zu kurz. Darunter leiden bereits viele und wünschen sich, dass es bald wieder zurück ins Büro geht (43,2 %). Weil das aber noch eine ganz Zeitlang nicht möglich sein könnte und Homeoffice auch in Zukunft dazugehören wird, muss man gemeinsam Wege finden, die soziale Entkopplung zu vermeiden.
Die Nähe ist nicht die gleiche, doch auch per Email, Chat, Telefon und Video kann man unter Kolleg:innen spontan sein, sich einen Moment Zeit für einander nehmen, Wertschätzung zeigen. Unternehmen haben nämlich neben anderen Funktionen auch eine ganz wichtige gesellschaftliche Bedeutung, indem sie soziale Beziehungen und Zusammenhalt ermöglichen. Also sollten Unternehmen konsequent die Parole umsetzen: Möglichst viel Kontakt bei möglichst viel Distanz! Kommuniziert, aber trefft Euch online!
Die Wirtschaft schützt sich selbst vor der Pandemie, wenn sie Corona aktiv bekämpft. „Ask not what your country can do for you ….” Jetzt muss die Wirtschaft dem Staat helfen.
RMI Online-Forum am 15. April
Sie interessieren sich für das Thema? Möchten gerne mitdiskutieren? Beim RMI Online-Forum am 15. April 2021 ab 18:00 Uhr werden die Ergebnisse des Führungskräfte-Radars präsentiert und diskutiert. Infos und Anmeldung hier.
Über den Autor
Prof. Dr. Guido Möllering
Prof. Dr. Guido Möllering ist Direktor und Lehrstuhlinhaber am Reinhard-Mohn-Institut für Unternehmensführung an der UW/H sowie Studiengangsverantwortlicher des Masters in Management – Strategy & Organization (M.Sc.) an der Fakultät für Wirtschaft & Gesellschaft.
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