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Blog Universität Witten-Herdecke | Vom Podcaster zum Start-up-Gründer: UW/H-Alumnus Max Elster

„Es ist wichtig, sich auf eine technologiegeprägte Zukunft vorzubereiten“

Vom Podcaster zum Start-up-Gründer: Interview mit UW/H-Alumnus Max Elster

Einfach mal machen – so ließe sich das Motto des Management-Absolventen Max Elster wohl am ehesten zusammenfassen. Er hat an vier Universitäten studiert, (bisher) zwei Unternehmen gegründet, einen Technologie-Podcast gehostet und mit 26 Jahren bereits in insgesamt sechs Städten und vier Ländern gelebt. Warum er jetzt dabei ist, für sein Startup den Schritt in die USA zu wagen, wie ihn das Studium in Südafrika geprägt hat und welche Tipps er angehenden Gründer:innen mit auf den Weg geben möchte, erzählt er im Interview.

Du hast an insgesamt vier Universitäten studiert: an der Stellenbosch University in Südafrika, der Uni Witten/Herdecke (UW/H), der Wirtschaftsuniversität Wien und an der Online-Universität Tomorrow. Warum war dir ein umfangreiches Bildungsangebot in verschiedenen Ländern wichtig und was hast du aus der Vielfalt der Lernerfahrungen mitgenommen?

Mir war immer wichtig, diverse Erfahrungen zu sammeln. Stellenbosch hat mir extrem gut gefallen, weil ich Südafrika kulturell spannend fand und die Bewohner:innen und das Umfeld kennenlernen wollte. Es hat mich beeindruckt, wie viel Potenzial in den Teilen des Kontinents steckt, die ich kennengelernt habe – also in Südafrika, Botswana, Namibia und Simbabwe. Die Menschen dort wollen ihre Länder nach vorne bringen und gesellschaftlich zu einem Fortschritt beitragen. Obwohl sie weniger Zugriff auf finanziellen Wohlstand haben, wirken sie oft glücklicher als Leute im Westen. Mir hat das gezeigt, dass Dankbarkeit in gewissen Grenzen auch mit wenigen Basics möglich ist. Diese Erfahrung hat mich sehr geprägt.

Nach meinem Auslandssemester in Südafrika kehrte ich für mein Management-Bachelorstudium nach Witten zurück. Ursprünglich zog es mich nach Witten, da ich den interdisziplinären Ansatz der Universität faszinierend fand, der diverse Studiengänge auf engstem Raum anbietet, und die kleinen Lerngruppen schätzte, in denen intensiv diskutiert wird. Für meinen Master wollte ich mich näher mit Sustainability und Data Science beschäftigen. Das Konzept der Tomorrow University hat mich damals sehr fasziniert: Eine reine Remote-Uni, wo alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen online erfolgen, in Kombination mit der Wirtschaftsuniversität Wien als Präsenz-Universität – dieses Format wollte ich unbedingt ausprobieren.

Wie hat sich das Studium in Witten von dem an den anderen Unis unterschieden?

Unabhängig davon, dass ich in Witten meine engsten Freunde kennengelernt habe, war die Uni für mich immer ein Ort der Zusammenkunft und des Austausches für sehr diverse Themen. Ich hatte nie das Gefühl, einfach nur Wirtschaft zu studieren. Vielmehr konnte ich durch die intensiven Diskussionen mit Studierenden aus der Politik, Medizin oder Psychologie auch die Blickwinkel anderer Disziplinen auf gesellschaftliche und ökonomische Fragestellungen kennenlernen. Dieses Umfeld fand ich extrem inspirierend. In gewisser Hinsicht repräsentiert Witten das echte Leben, wo du mit Menschen aus verschiedenen Hintergründen und Berufsfeldern interagierst.  

Gleichzeitig hatte ich die Möglichkeit, in jungen Jahren herauszufinden, was mich wirklich interessiert, weil Witten einem die Möglichkeit gibt, auch über die Uni hinaus Werkstudententätigkeiten und freiwillige Projekte in den Alltag zu integrieren. Das war eine tolle Erfahrung und ich schaue sehr positiv auf meine Zeit in Witten zurück.

2015 während deiner Zeit an der UW/H hast du deinen eigenen Podcast „Feed your Brain“ gehostet und u. a. Blinkist-Gründer Holger Seim und den Chief Protocol Officer von Präsident George W. Bush interviewt. Hast du in dieser Zeit deine Leidenschaft für Entrepreneurship und Technologie entdeckt?

Ja, der Podcast bot auf jeden Fall wichtige Einblicke in diese Themenbereiche. Mein Interesse für Entrepreneurship und Technologie wurde jedoch schon früher geweckt: Ich habe im ersten und zweiten Semester ein Praktikum bei einem Software-Start-up in Köln gemacht. Dort habe ich erfahren, was es wirklich bedeutet, in einem kleinen Team aus fünf bis zehn Personen zu arbeiten. Auch habe ich ein Verständnis dafür bekommen, wie Software entwickelt wird. Ehrlich gesagt, war ich damals sehr blauäugig und habe nicht viel verstanden, aber mein Interesse und der Wunsch nach einem tieferen Verständnis wurden geweckt.

Damals habe ich viele englischsprachige Podcasts mit Unternehmerpersönlichkeiten gehört und festgestellt, dass es solche Podcasts bisher nicht im deutschsprachigen Raum gibt. Und so habe ich einfach mal ein Mikrofon bestellt und Leute gefragt, ob sie mit mir über ihre Themen sprechen wollen. Anfangs waren die Leute noch skeptisch, weil Podcasts als „oldschool“ galten, aber ich hatte Lust darauf und konnte sie überzeugen, auch mal reinzuhören. Durch das Netzwerk der Uni habe ich viele spannende Persönlichkeiten kennengelernt und interviewt: zum Beispiel Radoslav Albrecht, den Gründer und CEO des Berliner FinTechs Bitbond oder auch Daniel Heer, den Gründer und CEO von Zeotap.

Du hast also einfach losgelegt. Ist es typisch für dich, dass du einfach mal machst und schaust, was sich daraus entwickelt?

Ja, ich glaub schon. Ich hatte ein Buch des bekannten Podcasters Tim Ferris gelesen, in dem u. a. erwähnt wurde, wie man mit Podcasts starten kann. Er hat darin empfohlen, zunächst zehn Episoden aufzunehmen. Das klang machbar. Also habe ich mit zehn Episoden gestartet … und weitergemacht.

In dieser Zeit hast du auch eine App entwickelt, die Meetings dokumentiert und das gesprochene Wort in Text umwandelt. Wie kam es zu der Idee?

Ich habe mich durch den Podcast intensiv mit Audio-Technologie auseinandergesetzt. Während meines letzten Semesters in Witten ist daraus die Idee entstanden, eine App zu entwickeln, mit der z. B. Außendienstler, Vertriebler ihre Sprachnotizen automatisch verschriftlichen können. Damals waren wir zwar etwas zu früh, hatten aber schon die ersten zahlenden Kunden. Inzwischen hat sich der Markt der Transkribierungs-Apps zu einem großen Geschäftsbereich entwickelt. Als wir nach und nach mehr vom B2B-Bereich in den Consumer-Bereich gerutscht sind, habe ich gemerkt, dass ich nochmal eine andere Richtung ausprobieren wollte. Deshalb bin ich schließlich aus dem Gründungsteam ausgestiegen.

Mittlerweile bist du Mitgründer von Minoa, einem Software-Unternehmen mit Sitz in San Francisco, das vor einigen Monaten 2,7 Mio. Dollar eingeworben hat. Wie ist dein eigenes Start-up entstanden?

Mein Mitgründer Richard und ich haben durch eigene Erfahrungen im B2B-Umfeld und später durch Interviews mit ca. 50 Unternehmen festgestellt, dass die Preisgestaltung ein Riesenproblem ist – insbesondere, wenn man individuell zugeschnittene Software an mittelgroße oder große Unternehmen verkauft. Hier müssen die Unternehmen in der Regel auf erfahrene Vertriebler vertrauen. Im Endeffekt fühlt es sich oft so an, als wenn jemand den Finger in die Luft streckt, um den idealen Preispunkt zwischen den eigenen Kosten und der Zahlungsbereitschaft der Kunden zu erfühlen. Extrem viele Unternehmen schöpfen ihr Umsatzpotenzial gar nicht aus, weil sie diesen Preispunkt nicht richtig identifizieren. Für uns war das der Startpunkt, das Problem lösen zu wollen.

Woran liegt das?

In der Theorie hat man bei einer Preisverhandlung alle Informationen zur Hand, aber in der wirklichen Welt sind diese Informationen sehr einseitig: Man kennt in der Regel nur die eigenen Kostenpunkte und die Gewinnabsichten, weshalb Kunde und Vertriebler in Gesprächen vorsichtig ihre gegenseitigen Grenzen ausloten.

Das wollen wir ändern und das Pricing für beide Seiten kollaborativer und transparenter gestalten. Unsere Applikation ermöglicht es Vertrieblern, ihren Kunden zu zeigen, wie sich der Wert der gewünschten Software genau definiert: Wie viel Zeit kostet die Entwicklung die Programmierer? Auf welche Datenbasis können sie zugreifen? Was muss individuell für den Kunden angepasst werden? Wie viel Spezialwissen ist dafür erforderlich? Unsere Software führt all diese Werte zusammen und hilft so dabei, den Wert der Anwendung passgenau zu berechnen.

Was hat zu eurem bisherigen Erfolg beigetragen?

Wir stehen noch am Anfang unserer Reise. Dass wir über die Finanzierungsrunde 2,7 Mio Dollar einwerben konnten, ist für uns ein Signal dafür, dass die Idee grundsätzlich stimmt und wir als Team gut funktionieren. Wir waren von Anfang an sehr transparent und haben regelmäßige Updates über die Produktentwicklung an die Investoren gesendet. Durch dieses, für deutsche Gründer eher untypische, Vorgehen konnten wir das Vertrauen der Investoren gewinnen.

Was macht aus deiner Sicht den Unterschied zwischen deutschen und amerikanischen Gründern aus?

Amerikanische Gründer sind oft besser darin, ihre Ideen in eine überzeugende Geschichte zu verpacken und erfolgreich zu vermarkten. Dies liegt teilweise daran, dass Technologie in den USA eine lange Tradition hat. Außerdem haben die Amerikaner eine starke Produktorientierung und eine Faszination für die Entwicklung guter Produkte. Hier können wir noch viel von den Amerikanern lernen, speziell in Kombination mit moderner Softwareentwicklung.

Welchen Rat möchtest du Studierenden mitgeben, die sich für Unternehmertum interessieren?

Zuerst sollten sie sich fragen, warum sie überhaupt gründen wollen. Unternehmertum erscheint glamourös, aber es erfordert viel Zeit und Opfer – dessen sollte man sich bewusst sein.

Unsere Universität hat eine starke unternehmerische Historie, die oft übersehen wird. Ich empfehle, diese Tradition mit eigenen Interessen zu verbinden – beispielsweise indem man neben dem Studium kleine Projekte für Familienunternehmen aus dem UW/H-Netzwerk durchführt. Auch Praktika oder Aushilfstätigkeiten in bestehenden Start-ups oder Unternehmen sind Gold wert, weil sie dabei helfen, den Markt und die Technologien besser zu verstehen. So kann man herausfinden, was einem Spaß macht und welche Bereiche einen wirklich interessieren.

Grundsätzlich glaube ich, dass Technologie künftig eine immer größere Rolle spielen wird. Daher ist es sinnvoll, sich damit auseinanderzusetzen – beispielsweise über Online-Kurse oder über die Module des neuen Studiengangs „Social Data Science“, der auf dem Alumni-Tag vorgestellt wurde. Ganz egal, in welchem Bereich man später arbeiten will: Es ist auf jeden Fall wichtig, sich auf eine technologiegeprägte Zukunft vorzubereiten.

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